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TAGLIATELLE ALLA MILZANO

Bei meinem Herbstbesuch in Brescia machten wir einen Sonntagsausflug aufs Land nach Milzano zu Elisa, Carmelo und ihrem Sohn Pietro.

Der alte Gutshof war dreigeteilt worden. Bruder, Schwester und Elisa haben jeweils ihren eigenen Bereich – ihr eigenes Haus im großen Gebäude. Elisa und Carmelo haben mit vielen Ideen und handwerklichem Geschick ein Schmuckstück gezaubert, aber die Arbeit wird ihnen nicht ausgehen. Arianna war von den vielen Tieren begeistert, besonders hatten es ihr die Katzen angetan. Die Rotbraune war ihr Liebling, sie ließ sich ja auch ohne Kratzen und Fluchtversuche auf den Arm nehmen. Das Bild mit der glücklich lächelnden, in eine dicke Jacke gehüllten Arianna, auf dem Kinderbulldozer sitzend, mit der Katze im Arm hängt an meinem Küchenregal. Ich schaue es oft an, und das Glück strahlt zurück.
Tagliatelle alla Milzano © 2009 M. Stoewer
Elisa und Carmelo sind wunderbare, großzügige Gastgeber. Als wir ankamen schmorte schon im großen Herd in zwei Kasserollen der „secondo piatto“: Hase und Zicklein. Sie konnten sich nicht entscheiden, und so gab es Hase und Ziege. Allerdings haben wir beides nur noch probieren können, da wir durch den köstlichen „primo piatto“, Tagliatelle alla Zucca (mit Kürbis), schon so satt geworden waren. Zudem lockten, während wir die Vollendung der Pasta verfolgten, Schinken aus Kalabrien und selbst gemachte Salami. Deinen mitgebrachten Apfelstreuselkuchen konnten wir dann erst nach einer längeren Pause mit einem Espresso genießen.

Über die Wiederentdeckung des Kürbis habe ich schon bei der Kürbissuppe berichtet.In Verbindung mit Nudeln kenne ich Kürbis erst seit wir vor zwei, drei Jahren zum Samstagmittagessen bei Sergios Mutter Casoncelli alla zucca von dem wunderbaren pastificio Franzoni an der Piazza Rovetta mitbrachten. Die Franzonis machen auch so köstliche Ravioli – in Brescia heißen sie Casoncelli – mit Ricotta und Spinat. Die Frauen wiegen, verpacken und verkaufen, den Männern kann man durch die große Fensterscheibe bei der Nudelherstellung zusehen.Sie grüßen mich immer freundlich, und ich bilde mir ein, daß sie mich wiedererkennen. Ich kaufe ja auch immer große Pakete, um Familie oder Freunde in München mit typischer italienischer Pasta zu erfreuen.

Die Tagliatelle von Elisa und Carmelo war so überzeugend, daß ich sie in München nachkochte. Für die Mengenangaben habe ich meine Briefwaage in die Küche geholt. Für meinen Geschmack war die angegebene Menge der Amaretti – italienisches Gebäck aus Zucker, Eiweiß, Haselnuß und Aprikosenkern - gerade richtig. Für andere macht sie die Pasta möglicherweise zu süß und zu intensiv.

Arne hatte ich zum Probeessen eingeladen. Für jeden zwei Kellen Tomatensuppe aus frischen Tomaten mit in Olivenöl gerösteten Brotwürfeln gab es vorweg. Ein kleiner Salatteller war selbstverständlich auch auf dem Tisch. Als Nachspeise gab es den Versuch vom Vortag. Ich hatte über den Schokoladenpudding geschrieben und war etwas besorgt über die Kalorienwerte. So kochte ich einen Pudding statt mit einer ganzen nur mit einer halben Schokoladentafel. Das Ergebnis war durchaus eßbar. Aber mit 100 g Schokolade auf 1/2 L Milch ist der Pudding einfach besser.

Nun aber zum Rezept. Die Mengen hätten noch für einen weiteren Gast gereicht.

250 g Tagliatelle all uovo
200 g Kürbisfleisch, fein gewürfelt
100 g Parmesan oder Grana, gerieben
50 g Amaretti, zerstoßen
ein großes Stück Butter, zerlassen
Gewürzmischung: Muskat, Zimt, Nelken, Pfeffer

Nudeln und Kürbis ins kochende Wasser geben. Beide Zutaten werden etwa gleichzeitig weich. Abgießen. Damit sich alles besser verteilt, die Zutaten schichtweise in eine Schüssel geben und mischen. Zum Schluß die heiße Butter in die Schüssel gießen. Die Gewürzmischung kann jeder nach Gusto über seine Tagliatelle streuen.

Gestern habe ich gekocht. Heute habe ich die übrig gebliebene Portion gegessen und das Rezept aufgeschrieben. Es sind keine zwei Stunden her, daß ich die letzte Nudel in den Mund geschoben habe, und ich muß dir gestehen, ich könnte locker noch einmal eine Portion Tagliatelle alla Milzano mit Genuß verspeisen.

Ein wenig Recherche muß auch für so ein einfaches Kochbuch sein.
Außer Nachkochen für genauere Mengenangaben bin ich auch auf der Suche nach den richtigen Bezeichnungen für Lebensmittel und Gerichte oder den Zutaten der von mir verwendeten Produkte.

Ich war erstaunt, auf der Zutatenliste der Amarettipackung Aprikosenkerne zu entdecken. Hatte ich doch bei Amaretto oder Amaretti seit Jahren den Geschmack von bitteren Mandeln auf der Zunge. So forschte ich weiter: auf den Amarettoflaschen fand ich keine Angaben.

In der Spirituosenabteilung fragte ich einen netten jungen Verkäufer nach der Grundingredienz des Amaretto. „Mandeln“ „Aber auf der Verpackung der Amaretti steht Aprikosenkern.“ „Ja, die Aprikose hat einen Kern und in dem Kern ist die Mandel.“ Er zeichnete es mir sogar auf.
Erst mit Hilfe eines dicken hauseigenen Nachschlagewerkes konnte er davon überzeugt werden, daß die Mandel eine Frucht und der Aprikosenkern keine Mandel ist.
Und ich hatte gelernt, daß der Amaretto auch mit Aprikosenkernen hergestellt wird.

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