Es muß der Aschermittwoch 1973 oder 74 gewesen sein, als Wolf den Leichtsinn beging, viele Freunde zum Fischessen in die Garchingerstraße einzuladen. Das Essen war phantastisch.
Damals war ich ja noch eine eifrige Faschingsgängerin. In einer Saison brachten Grete und ich es schon auf acht bis zehn Feste. Trotzdem habe ich seit diesem Aschermittwoch das Ende des Faschings immer herbeigesehnt, denn es erwartete mich, und ich erwartete: Wolfs Fischorgie.
Ich muß hier doch einmal eine Liebeserklärung an Wolf (Annette wird es verstehen) und an seine Kochkkunst anbringen.
Wolf ist nicht nur äußerlich ein wunderbar barocker Mensch. Alles, was er macht, zeugt von Großzügigkeit und Lebensfreude - trotz Overkill, sterbender Wälder und Aggressivität im Straßenverkehr. Wolf hat uns oft ganz uneigennützig geholfen und hat euch sicher, neben Arne, auch ein wenig das väterliche Element ersetzt. Er hat das ganz selbstverständlich, ohne Dank zu erwarten, gemacht. Das meine ich u. a. mit Großzügigkeit.
Seine Großzügigkeit und Lebensfreude zeigen sich aber auch in der Bewirtung seiner Gäste. Wenn Wolf ein Essen macht, können mindestens doppelt so viele Menschen satt werden.
Nur gut, daß Annette ein so liebenswert-eigenständiger Mensch ist. Sonst wären die zarten Figuren auf ihren Bildern schon längst auf Botero-Format angewachsen.
Wolf machte im Laufe der Jahre einige Versuche, uns auch etwas anderes zu bieten als "nur" Fischfilet mit Butter-Knoblauch-Petersilien-Soße und Kartoffeln. Es waren durchaus gelungene Versuche. Aber wenn er mich fragt, greife ich immer auf die mir liebste Version des Aschermittwochessens zurück.
Wolf als alter Frankreich-Fan kann ja auch eine wunderbare Bouillabaisse - französische Fischsuppe - machen, aber obwohl ich sie ganz gerne esse, bin ich immer froh, wenn er sich zur Normalität überreden läßt.
Eine schöne Bouillabaisse-Geschichte muß ich dir hier erzählen. Du kannst dich sicher nicht mehr erinnern.
Wolf fand die Idee der Wohngemeinschaft ganz gut und hatte auch schon zugesagt. Aber er war noch leicht schwankend - hier noch nicht vom Wein. Er war halb eingezogen, und es war Faschingszeit. Wir alle waren viel unterwegs, im Johnson-Keller, im Fallmerayer Hof und und und ...
Wolf hatte ein wenig, wie im Fasching üblich, geflirtet. Anna, mit der er damals zusammen war, war ziemlich sauer. Ihm ging das wiederum an die Nieren, und so war der Wein, den er auch zum Kochen brauchte, wohl mehr in seinem Glas als in der Suppe. Als wir uns alle gierig über die wunderbare Bouillabaisse hermachten, war Wolf in seinem Zimmer verschwunden. Da sein Bett aber noch in der Garchingerstraße stand, wird er nicht sehr gemütlich geschlafen haben, aber das hat er sicher gar nicht gemerkt.
Ähnliches ist aber nie wieder passiert. Liegt das am Alter oder an Annette oder an beiden?
Natürlich sind die Fischessen am Aschermittwoch nicht selbstverständlich. Wieviele Leute da sind, hängt sicher auch davon ab, wieviele sich trauen zu fragen. Ich traue mich immer! Ich kann es natürlich auch verstehen, wenn Annette und Wolf der Knoblauch-Fisch-Geruch, der tagelang in der Wohnung hängt, auf die Nerven geht. In der Görresstraße war das wegen der schlechten Lüftungsmöglichkeiten besonders schlimm. Aber ich versuche es immer und bin noch nie enttäuscht worden. Auch wenn es, wie in diesem Jahr, ein ungewöhnlich kleiner Kreis war. Aber das hing wohl mit Wolfs Arbeitsüberlastung zusammen. "Formel S" braucht Zeit. Dir als Fahrschülerin von Wolf und als seiner "Sekretärin" liegt sicher Wolfs Idee und Programm auch am Herzen.
Aber jetzt zurück zum Rezept - das eigentlich eher eine Anregung ist. Ich habe extra noch einmal mit Wolf telefoniert, um aus ihm alles herauszulocken, was für dich wichtig sein könnte.
Du kaufst ein:
Kabeljau oder Dorsch (das ist der junge Kabeljau, er zerfällt schneller und erinnert mich an Dorschleber). Wolf bevorzugt Kabeljau. Pro Person rechne
etwa 300 - 400 g (!) - das sind "Wolfsmengen". Wenn Fisch übrig bleibt, kannst du ihn einfrieren.
Gekräuselte Petersilie
Butter
Knoblauch
Es ist von großem Vorteil, daß Wolf meist erst mit dem Kochen beginnt, wenn die ersten Gäste eintrudeln. Man kann zuschauen und lernt etwas.
Ich wundere mich jedesmal wieder, daß Wolf mit der Butter anfängt. Es sind noch keine Kartoffeln geschält, und der Fisch liegt noch unter dem zerstoßenen Eis, da kommen ungeheure Mengen Butter (ca. 100 - 125 g pro Person) in einen Topf und werden erhitzt.
Riesige Mengen Knoblauch werden geschält, zerdrückt und mit Salz dann zu der heißen Butter gegeben. Langsam läßt Wolf es köcheln und rührt ab und zu um.
Gekräuselte Petersilie - aber nicht nur ein Bund - wird gewaschen und kleingeschnitten. Die Petersilie kommt aber erst in die Butter, wenn der Knoblauch eine goldbraune Farbe angenommen hat.
Inzwischen werden Kartoffeln geschält und aufgesetzt.
Der Fisch wird gewaschen und mit einem Küchentuch abgetupft. Wolf würzt ihn mit zerstoßenem Thymian und Rosmarin, etwas Salz und einer Spur Pfeffer, und brät ihn dann in einer Pfanne knusprig.
Bei Wolf ist dann alles immer gleichzeitig fertig.
Wenn du das Essen alleine zubereitest, empfiehlt es sich, vorher den Tisch zu decken. Die Butter kommt in einer Saucière extra auf den Tisch, damit sie sich jeder nach Lust über Kartoffeln und Fisch gießen kann.
Noch ein Tipp von Wolf: Stelle die Soße erst auf den Tisch, wenn der Fisch fertig ist, sonst besteht die Gefahr, daß sich deine Gäste schon an Kartoffeln und Knoblauchbutter sattessen.
Zu diesem Essen gehört ein trockener Weißwein.
Mir läuft das Wasser im Mund zusammen. Wie gerne würde ich mich jetzt in der Hortensienstraße an den Tisch setzen, kräftig zulangen, meine "Mmmmmmmhs" von mir geben und später das von Verena erwartete:
"Ich hab zu viiiiel gegessen"
stöhnen.